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Blutglukoseziele in der operativen Intensivmedizin.
Hintergrund: Bei 30–80 % der Patienten auf Intensivstationen kommt es perioperativ zu einer Hyperglykämie. Diese Stresshyperglykämie wird über inflammatorisch-endokrine sowie iatrogene Stimuli ausgelöst beziehungsweise unterhalten und bedarf regelmäßig therapeutischer Interventionen. Dabei bestehen Unsicherheiten, welche Blutglukoseziele für Patienten mit Diabetes mellitus anzustreben sind.
Methode: Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche in PubMed und über GoogleScholar.
Ergebnisse: Intensivmedizinisch versorgte Patienten mit vorbestehendem Diabetes mellitus profitieren nicht im selben Ausmaß von einer Blutglukosesenkung wie stoffwechselgesunde, werden aber gleichermaßen einem relevanten Hypoglykämierisiko ausgesetzt. Ein Therapiekorridor zwischen 4,4–6,1 mmol/L (79–110 mg/dL) ist für Patienten mit Diabetes mellitus nicht zu rechtfertigen. Perioperativ besteht das wichtigste Therapieziel darin, Hypoglykämien in jedem Fall strikt zu vermeiden. Negativfolgen der Hyperglykämie sind unter anderem neurotoxische Effekte und die Begünstigung von Wundheilungsstörungen. Metaanalysen belegen, dass eine obere Blutglukosegrenze von 10 mmol/L (180 mg/dL) mit einem günstigeren Ergebnis für Patienten mit Diabetes mellitus verbunden ist als eine niedrigere Schwelle. Der von Fachgesellschaften für hospitalisierte Menschen mit Diabetes mellitus vorgeschlagene Zielbereich von 7,8–10 mmol/L (140–180 mg/dL) scheint der Gratwanderung, einerseits eine Hypoglykämie zu vermeiden und andererseits die klinischen Resultate zu optimieren, derzeit am ehesten gerecht zu werden. Mittel der Wahl zur Therapie in der Intensivmedizin ist die kontinuierliche intravenöse Insulingabe, deren Anwendung es erfordert, dezidierte Rahmenbedingungen einzuhalten.
Schlussfolgerung: In der Intensivmedizin ist eine optimale Blutglukosekontrolle für Patienten mit Diabetes mellitus darauf ausgerichtet, sowohl eine Hypoglykämie zu vermeiden als auch einen Zielbereich bis 10 mmol/L (180 mg/dL) zu erreichen. Die leitliniengerechte Steuerung der Ernährungstherapie ist hierbei eine unabdingbare Voraussetzung.